Hessens Finanzminister Michael Boddenberg.

Hessisches Ministerium der Finanzen

EU-Finanzstabilität stärken, ohne sich von globalem Finanzmarkt abzukoppeln

Hessen setzt sich erfolgreich im Bundesratsfinanzausschuss für Optimierung der Regulierung des europäischen Derivatemarkts ein.

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Die Folgen des Brexit sind vielfältig – so auch im Bereich der Finanzmarktregulierung: Auch nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union läuft der ganz überwiegende Teil des Clearings von auf Euro lautenden Derivateverträgen über London als Clearingmarkt. Entsprechend einer Übergangsregelung ist dies bis Mitte 2025 noch möglich. Damit drängt die Zeit, die Weichen für die Zukunft zu stellen. „Es gilt, jetzt einen Rahmen zu setzen, der für die Marktakteure Planungssicherheit schafft und für ein Mehr an Finanzstabilität sorgt“, betonte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg heute in Berlin.  Die EU-Kommission schlägt hierzu vor, dass EU-Marktakteure einen gewissen Anteil ihrer Derivateverträge über einen sogenannten Second-Active-Account in der EU abwickeln sollen. Bisherige Vorschläge der EU-Kommission gehen dabei aus hessischer Sicht nicht weit genug.

Hessen hat heute erfolgreich einen entsprechenden Antrag in den Finanzausschuss des Bundesrats eingebracht, der eine Optimierung der EU-Regulierung (EMIR - European Market Infrastructure Regulation) anregt. Aus hessischer Sicht sollte das Thema mit hoher Priorität angegangen werden, denn der Clearingmarkt ist von außerordentlich hoher Systemrelevanz für unsere Finanzmärkte und deren Stabilität.

Boddenberg zeigte sich erfreut über die Zustimmung der Länder zum hessischen Antrag und erklärte: „Ein offener und autonomer Finanzmarkt ist von großer Bedeutung für eine starke Europäische Union. Die Abwicklung eines maßgeblichen Anteils des Euroclearings in Europa unter international wettbewerbsfähigen Bedingungen ist hierbei ein zentraler Baustein.“

 „Unser Antrag beinhaltet drei wesentliche Punkte: Erstens, ein gesondertes, beschleunigtes Verfahren zur Regelung des Second-Active-Account, verbunden mit zeitnahen Fristen für Umsetzungsregeln. Zweitens sollte es die Perspektive der EU-Regulierung sein, einen konkurrenzfähigen eigenen Clearingmarkt zu etablieren, um die Abhängigkeit von London zu reduzieren. Und drittens muss sichergestellt werden, dass die Pflicht für einen Second-Active-Account nicht einseitig die Wettbewerbsfähigkeit von EU-Marktakteuren gegenüber Marktteilnehmern aus Drittstaaten beeinträchtigt“, erläuterte der Finanzminister. „Mit dieser Kombination kann sich die EU zum autonomen und attraktiven Markt für Clearinggeschäfte entwickeln.“

Das Plenum des Bundesrates wird sich mit den heutigen Empfehlungen des Finanzausschusses am 12. Mai befassen.

Second-Active-Account bezeichnet die Pflicht für Marktteilnehmer – also Banken, Clearinghäuser und clearingpflichtige Unternehmen – bei einer EU-Clearingstelle ein zweites Konto für die Abwicklung von Euro-Clearinggeschäften aufzubauen und aktiv zu betreiben.

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