Im Finanzausschuss des Bundesrates wurde ein Vorschlag der EU-Kommission für einen neuen Standard für sogenannte europäische Grüne Anleihen beraten. Der Ausschuss unterstützte dabei von Hessen eingebrachte Anliegen. Hessen macht sich dafür stark, die Emission solcher Anleihen, mit denen Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten finanziert werden, noch attraktiver für Emittenten und Investoren zu gestalten.
Ökologisch nachhaltige Maßnahmen finanzieren
„Wir begrüßen die Einführung eines Standards durch die Europäische Union und möchten mit unserem Antrag dafür sorgen, dass dieser als Goldstandard am Markt eine breite Akzeptanz findet. Nur so können wir mit Investitionen schnell die notwendigen Fortschritte für den Umwelt- und Klimaschutz erzielen“, erklärte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg heute in Wiesbaden.
Ob sich der EU-Standard neben bereits akzeptierten Marktstandards an internationalen Finanzmärkten durchsetzen kann, hängt entscheidend von zweierlei ab. Zum einen muss er den Ansprüchen der Investoren genügen. Diese wollen sicher sein, dass mit ihrer Investition in diese Anleihen tatsächlich ökologisch nachhaltige Maßnahmen finanziert werden. Hierzu nimmt die EU-Verordnung Bezug auf die Bestimmungen der sogenannten Taxonomie – der EU-Definition für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten.
Balance aus Ambition und Praktikabilität
Zum anderen sollten die Vorgaben für europäische Grüne Anleihen aber zugleich so praktikabel ausgestaltet werden, dass sie dann auch tatsächlich von den Unternehmen als Emittenten der Wertpapiere in möglichst großem Umfang akzeptiert und genutzt werden.
„Der Vorschlag der EU-Kommission hat diese erforderliche Balance aus Ambition und Praktikabilität noch nicht an allen Stellen gefunden“, ist sich Minister Boddenberg sicher. „Deshalb ist es jetzt an der Bundesregierung sich auf Basis der hessischen Initiative für Änderungen auf europäischer Ebene einzusetzen.“
Nachhaltige Investments für Unternehmen und Privatpersonen
So muss bei der Ausgestaltung des Standards für Verlässlichkeit bei allen Beteiligten gesorgt werden. Daher darf es für die Frage, welche Investitionen das emittierende Unternehmen mit der Anleihe finanzieren darf, ausschließlich auf die zum Emissionszeitpunkt geltenden Nachhaltigkeitsvoraussetzungen der Taxonomie ankommen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht demgegenüber vor, dass bei einer nachträglichen Verschärfung der Voraussetzungen die Investitionen aus der Anleihe nach einer gewissen Frist auf die neue Rechtslage umgestellt werden müssen. Das erzeugt Unsicherheit: Der Investor läuft Gefahr, dass in der Laufzeit der Anleihe die Einstufung als ökologisch nachhaltig wegfällt. Aber auch das emittierende Unternehmen kann nicht sicher sein, während der Laufzeit den beabsichtigen Finanzierungszweck umsetzen zu können. „Unsicherheit ist Gift für den neuen EU-Standard. Dieser Konstruktionsfehler muss beseitigt werden“, so Finanzminister Boddenberg.
Auch öffentliche Emissionen von Grünen Anleihen erfüllen eine wichtige Funktion. Neben der Finanzierungsfunktion für ökologisch nachhaltige staatliche Investitionen sind grüne Staatsanleihen wichtiger liquider und sicherer Bestandteil von Portfolios nachhaltiger Investmentfonds. Solche Fonds wiederum sind nötig, um privates Kapital in die Transformation der Volkswirtschaft zu lenken. „Wir sind das Bundesland, das die größte Grüne Anleihe mit einem Volumen von 600 Millionen Euro im Sommer dieses Jahres sehr erfolgreich begeben hat. Wir stehen aus Überzeugung hinter dieser grünen Finanzierungsform“, so Finanzminister Boddenberg. „Es ist wichtig, dass der EU-Standard den Besonderheiten bei öffentlichen Emittenten Rechnung trägt und für diese praktikabel ist“, so Boddenberg weiter. Für Gebietskörperschaften als Emittenten ist zum Beispiel der Begriff der „Betriebsausgaben“ derzeit noch nicht so definiert, dass damit die umweltrelevanten Ausgaben in den Haushaltsplänen von Bund und Ländern tatsächlich auch refinanziert werden können.