Der Befehl lautet: Zugriff!
Über einem in der Lübecker Bucht ankernden Passagierschiff ertönt der ohrenbetäubende Lärm des nahenden Hubschraubers der Bundespolizei-Fliegerstaffel. Schwer bewaffnete Spezialkräfte seilen sich ab, weitere Einsatzkräfte gelangen über zeitgleich eintreffende Mehrzweckboote an Deck. Die Waffen im Anschlag durchsuchen die Beamten der Spezialeinheit GSG 9 die 190 Meter lange Fähre Nils Holgersson. Ziel der Maßnahme: Abwendung einer Gefahrenlage auf See.
Auch wenn es sich an diesem Morgen im Oktober 2020 lediglich um eine gemeinsame Übung der Bundespolizei mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie im Rahmen einer maritimen Gefahrenabwehr handelt – für den Ernstfall eines durch bewaffnete Terroristen verübten Anschlags auf See müssen die Beamten der Bundespolizei vorbereitet sein.1
An der Seegrenze von Nord- und Ostsee sorgt die Bundespolizei für den grenzpolizeilichen Schutz des deutschen Staatsgebiets.2 Neben dieser maritimen Komponente ist die dem Bundesinnenministerium nachgeordnete Behörde unter anderem zuständig für die Luftsicherheit, übernimmt grenz- und bahnpolizeiliche Aufgaben, verfügt über eine Bereitschaftspolizei und sogt für den Schutz von Verfassungsorganen wie dem Bundeskanzleramt.3
Mit den Polizeibehörden der Länder steht sie in einem engen Austausch. Selbst im Ausland kommt die Bundespolizei zum Einsatz. Derzeit sind 41.000 Polizeivollzugsbeamte und mehrere tausend zivile Beschäftige für die Bundespolizei tätig.4
In Zeiten, in denen die Bedrohungslage in Deutschland durch Terrorismus und andere Bedrohungen der inneren Sicherheit weiter zunimmt, gewinnt ihr Dienst an Bedeutung. Im Jahr 2020 traf die damalige Bundesregierung die Entscheidung 900 weitere Anwärterinnen und Anwärter einzustellen und auszubilden, die Hälfte davon stationiert in Hessen. Dadurch soll der Bundespolizei mehr Präsenz sowie regionale Verwurzelung geschaffen werden und durch neu zu errichtende Ausbildungszentren gleichzeitig dem Defizit an Unterkunftsplätzen im Liegenschaftsbereich der Bundespolizei entgegengewirkt werden. Als Ausbildungsbeginn war September 2021 vorgesehen; als Ausbildungsort dient der ehemalige Bundeswehrstandort Alheimer Kaserne in Rotenburg an der Fulda.5 Die Bundeswehr ist dort 2015 ausgezogen.6 Zwischenzeitlich als Hessische Erstaufnahme-Einrichtung genutzt, steht die Liegenschaft aktuell im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Eine unmittelbare Inbetriebnahme zu Ausbildungszwecken war ausgeschlossen. Und so verwandelte sich die verwaiste Liegenschaft im Frühjahr 2020 kurzfristig in ein umfangreiches Bauprojekt.
„Dieses Projekt war von Anfang an etwas ganz Besonderes für uns“, sagt Markus Offermann. Offermann leitet als Finanzpräsident seit 2018 die Bauabteilung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD), die basierend auf der geltenden Bundesbau-Vereinbarung Hessen die Fachaufsicht für Bundesbaumaßnahmen in Hessen wahrnimmt.