Das Bundesverfassungsgericht verlangt in seinem Urteil aus 2018 eine Reform der Grundsteuer. Diese für die Kommunen unentbehrliche Steuer muss ab 2025 nach neuen Regeln erhoben werden, weil die bisherigen Einheitswerte nicht mehr verfassungskonform sind. Die Grundsteuerreform betrifft alle: Mieterinnen und Mieter, Eigentümerinnen und Eigentümer, Wohn- und Gewerbeimmobilien, bebaute und unbebaute Grundstücke und auch land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz. Mit über 35 Millionen Grundstücken bundesweit ist die Reform eines der größten Steuerprojekte seit Jahrzehnten.
Deshalb will Hessen eine einfache und gerechte Grundsteuer. Die mit dem Grundsteuerreformgesetz geschaffene Länderöffnungsklausel im Grundgesetz ermöglicht es, dieses Ziel mit eigener Gesetzgebung zu erreichen, wie es auch andere Länder tun.
Das Hessische Grundsteuergesetz aus dem Dezember 2021 regelt die Grundsteuer ab 2025 nach dem Flächen-Faktor-Verfahren einfach, gerecht und verständlich. Einfach, weil nur wenige Parameter zur Berechnung gehören, nämlich Fläche, Nutzung und Lage. Gerecht, weil diese Parameter einem klaren Belastungsgrund – dem Äquivalenzprinzip - folgen und ihn ganz stringent umsetzen: mehr Fläche und bessere Lage gleich höhere Steuer. Zugleich wird das Wohnen als Grundbedürfnis aller Menschen gegenüber anderen Nutzungsarten sozialverträglich privilegiert. Verständlich, weil die Berechnung kurz und der Einfluss der Parameter auf das Ergebnis klar ist.
Hessen zeigt, dass es einfach und gerecht geht. Wir folgen bei der Grundsteuer B nicht dem komplizierten Bundesmodell, das Gerechtigkeitsdefizite hat, weil sich im Massenverfahren notwendige Typisierungen nur schwer mit einem grundsätzlich eng am Einzelfall orientierten Bewertungsraster in Einklang bringen lassen. Bei der Grundsteuer A für die Land- und Forstwirtschaft gehen alle Länder den Weg des Bundesmodells, was gute Gründe hat, denn hier geht es um die Abbildung der betrieblichen Ertragskraft. Dies spricht für bundeseinheitliche Regelungen.
Ich bin froh, dass Hessen die Grundsteuerreform als historische Chance für Steuervereinfachung und Bürokratieabbau nutzt. Nun geht es in die entscheidende Phase der Umsetzung.
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundbesitz müssen im Zeitraum zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober eine Erklärung zum Grundsteuermessbetrag bei ihrem Finanzamt abgeben. Die Erklärungsabgabe soll auf dem elektronischen Weg und auch schon dieses Jahr geschehen, weil die Bewertung der vielen Millionen Grundstücke nun einmal Zeit benötigt. Die Pflicht zur elektronischen Abgabe gilt natürlich nicht nur in Hessen. Die elektronische Abgabe kann beispielsweise über das ELSTER-Verfahren erfolgen. ELSTER steht für "ELektronische STeuerERklärung" und ist ein kostenloser und sicherer Service der Steuerverwaltungen in Deutschland. Die digitale Abgabe erleichtert das Ausfüllen der Erklärung und beugt Übertragungsfehlern vor.
Auch die Bearbeitung in den Finanzämtern wird grundsätzlich vollautomatisiert erfolgen. Für das hessische Grundsteuer-Modell gibt es ein eigenständiges Landesverfahren: die Hessische Anwendung zur Festsetzung der Messbeträge für die Grundsteuer, kurz HAMSTER. Das Verfahren ermöglicht es, Erklärungen zum Grundsteuermessbetrag elektronisch anzunehmen und vollautomatisch einen Bescheid zu erstellen. Damit ändert sich die Bearbeitung in den Bewertungsstellen grundlegend: Sie wird weitgehend papierlos. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern ist auch Ausdruck einer modernen Steuerverwaltung, die in vielen Bereichen – nämlich überall dort, wo es sinnvoll ist – auf die Digitalisierung setzt. Und das tun wir in Hessen voller Überzeugung.
Doch was bedeutet die digitale Abgabe für die Menschen, die beispielsweise keinen Computer besitzen, oder nicht über die notwendige Medienkompetenz verfügen, um ihre Erklärung zum Grundsteuermessbetrag elektronisch abgeben zu können? Selbstverständlich sind Ausnahmen vom Grundsatz der digitalen Abgabe möglich. In solchen Fällen dürfen sich die Bürgerinnen und Bürger gerne an ihr zuständiges Finanzamt wenden und einen Antrag auf Abgabe in Papierform stellen. In Hessen geht das unbürokratisch, nämlich durch einen Anruf beim Bürgerservice des Finanzamtes. Und da die Hessische Steuerverwaltung viel Wert auf Service legt, erhalten alle, die in Papierform abgeben dürfen, die Vordrucke mit Ausfüllhilfen ab dem 1. Juli direkt per Post nach Hause. Auch das ist für mich Ausdruck einer modernen, serviceorientierten Verwaltung.
Übrigens: Allen Eigentümerinnen und Eigentümern, die sich bereits vor dem 1. Juli über die in der Erklärung zu machenden Angaben informieren möchten, stellen wir in Hessen Checklisten zur Verfügung. Diese sind online auf dem hessischen Informationsportal zur Grundsteuerreform unter grundsteuer.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster abrufbar. Dort gibt es auch weitere nützliche Serviceangebote, wie den digitalen Flurstücknachweis für die Grundsteuer B, welcher viele der zu erklärenden Daten enthält. Über diese und weitere Serviceangebote der Hessischen Steuerverwaltung informieren wir auch mit einem Schreiben an die Eigentümerinnen und Eigentümer. Das Schreiben wird individuelle Daten zum Grundbesitz enthalten und im Laufe des Monats Juni in den Briefkästen liegen. Darüber hinaus stehen die Bürgerservicestellen der Finanzämter sowie die hessenweite Servicehotline in den Monaten Juni und Juli zusätzlich zu den einheitlichen Öffnungszeiten von 8 bis 18 Uhr unter der Woche auch samstags von 8 bis 13 Uhr telefonisch für Fragen zur Grundsteuer zur Verfügung.
Die bundesweite Grundsteuerreform ist im Sinne der Steuergerechtigkeit längst überfällig. Doch die praktische Umsetzung der Reform bedeutet für alle Beteiligten zunächst einmal Arbeit. Dies gilt für die Steuerverwaltung, aber auch für die Eigentümerinnen und Eigentümer. Letzteren möchten wir in Hessen die Erklärung möglichst leichtmachen – mit einem vergleichsweise schlanken Grundsteuermodell, das insgesamt nur wenige Angaben erfordert, und mit einem breiten Serviceangebot. Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir die Reform intensiv erklären und die Menschen gut bei der Erklärungsabgabe unterstützen. Die Umsetzung der Reform soll gut gelingen. Denn es geht letztendlich in unser aller Interesse darum, dass den Städten und Gemeinden eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen zur Verwendung für die Infrastruktur und die vielfältigen kommunalen Angebote auch nach dem Jahr 2024 erhalten bleibt.
Quelle: Boddenberg, Michael: Schlankes Modell, breiter Service: Die Grundsteuer in Hessen, in: Behörden Spiegel, Ausgabe vom Juli 2022, S. 7.
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