Hessisches Ministerium der Finanzen

Unionsländer fordern Aussetzung: Bürokratiemonster und einseitige Belastung deutscher Unternehmen

Die Finanzminister der unionsgeführten Länder haben heute im Finanzausschuss des Bundesrates eine gemeinsame Protokollerklärung abgegeben, mit der die vorübergehende Aussetzung der globalen Mindeststeuer gefordert wird.

„Die globale Mindeststeuer war als internationaler Standard gedacht – doch ohne die wichtigsten Volkswirtschaften wird sie zur einseitigen Belastung für unsere Unternehmen. Während die USA und andere große Staaten eigene Wege gehen, droht Deutschland mit einer europäischen Insellösung im globalen Wettbewerb zurückzufallen. Das können wir nicht zulassen. Solange keine faire internationale Lösung in Sicht ist, muss die Mindeststeuer ausgesetzt werden, um unsere Wirtschaft nicht weiter zu schwächen. Bürokratie abzubauen und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – das muss jetzt Priorität haben“, sagt Hessens Finanzminister Professor Dr. R. Alexander Lorz.

„Das angestrebte Level Playing Field der internationalen Unternehmens-Besteuerung kann mit der globalen Mindeststeuer aktuell nicht erreicht werden. Auch wenn die damalige Grundidee eine gute war, hat sich die Situation deutlich verändert: Die USA als einer der wichtigsten Partner bei diesem Projekt sind ausgestiegen, andere große Player fordern ihre Ausnahmen ein. Deutschland hält fast schon dogmatisch an der Mindeststeuer fest. Wir befinden uns in einer Wirtschaftskrise, unsere Unternehmen ächzen unter Bürokratie und sollen nun auch noch im internationalen Steuerwettbewerb weiter benachteiligt werden – dies würde unser Land massiv schwächen. Wir müssen zwingend verhindern, dass aus der globalen Mindeststeuer keine deutsche ‚Mindersteuer‘ wird!“, betont Bayerns Finanzminister Albert Füracker.

„Deutschland braucht in dieser Phase der wirtschaftlichen Schwäche keine zusätzlichen Belastungen, sondern mehr Luft zum Atmen. Eine globale Mindeststeuer, die nur von einem Teil der Staaten umgesetzt wird, schafft kein faires Umfeld, sondern führt zu neuer Bürokratie und benachteiligt unsere Unternehmen im internationalen Vergleich. Wir brauchen klare Regeln, die funktionieren und nicht einseitig deutsche Betriebe treffen. Solange zentrale Partner nicht mitziehen und grundlegende Rechtsfragen offen sind, kann dieses Instrument seinen Zweck nicht erfüllen. Verantwortungsvolle Finanzpolitik richtet sich an der Realität aus. Wir dürfen nicht riskieren, dass ein gut gemeintes Projekt am Ende unseren eigenen Standort schwächt. Daher ist eine Aussetzung notwendig“, erläutert der nordrhein-westfälische Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk.

Stefan Evers, Senator für Finanzen im Land Berlin: „Im Kern ist der Ansatz richtig, weltweit um die besten Produkte, die höchste Qualität und die günstigsten Preise zu konkurrieren – und nicht um die niedrigsten Steuersätze. Dieses Ziel werden wir aber nur erreichen, wenn alle Länder mitziehen, vor allem die großen Industrienationen. Wenn nun manche Länder der Auffassung sind, auszusteigen oder Ausnahmen einzufordern, sollten wir uns die Frage stellen, ob die weitere Erhebung der globalen Mindeststeuer wirklich zielführend ist. Eine temporäre Aussetzung dieser Steuer bis zur Klärung aller offenen Fragen auf OECD-Ebene halte ich mit Blick auf die schwierige Wirtschaftslage für sinnvoll, auch um unsere international tätigen Unternehmen nicht über Gebühr zu belasten.“

Michael Richter, Minister der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt: „Die Mindeststeuer ist auch ein Investitionshemmnis. Dies ist gerade für die ostdeutschen Länder, die dringend auf neue Unternehmensansiedlungen angewiesen sind, ein Kernproblem.“

Sachsens Finanzminister Christian Piwarz: „Wenn wir das Richtige zur falschen Zeit umsetzen, ist niemandem geholfen. Ich spreche mich daher dafür aus, die Mindestbesteuerung für Unternehmen auszusetzen, bis eine internationale Lösung gefunden ist. Die Grundidee einer einheitlichen Mindestbesteuerung – nämlich ein faires Wettbewerbsumfeld zu schaffen, Gewinnverlagerungen zu verhindern und schädlichen Steuerwettbewerb einzudämmen – unterstütze ich ausdrücklich. Dennoch muss auch die wirtschaftliche Realität berücksichtigt werden: Solange bedeutende Wirtschaftsmächte wie die USA und China nicht mitziehen, bleibt die Mindeststeuer ein zahnloser Tiger, der am Ende vor allem deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb benachteiligt.“

Hintergrund

Durch die globale Mindestbesteuerung soll sichergestellt werden, dass Unternehmensgewinne weltweit mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Durch sie sollen Gewinnverlagerungen (Steuergestaltungen) in sogenannte Steueroasen verhindert werden. Wenn ein Staat niedriger besteuert als 15 Prozent, erfolgt eine Nachversteuerung durch die anderen Staaten. Ursprünglich hatten sich rund 140 Staaten zur globalen Mindeststeuer bekannt. Tatsächlich haben aber nur etwa 40 Staaten die Mindeststeuer teilweise oder vollständig umgesetzt. Dazu gehören die 27 Mitgliedstaaten der EU, wobei selbst innerhalb der EU kleinere Staaten erst 2030 zur Anwendung verpflichtet sind. Demgegenüber setzen u.a. die USA die Mindeststeuer derzeit nicht um. Unter den BRICS-Staaten ist nur Brasilien Befürworter der Grundidee. Dies zeigt: Es sind noch grundlegende Anpassungen nötig, Rechtsfragen müssen zügig geklärt werden. Die Mindestbesteuerung findet erstmals für Jahre ab 2024 Anwendung. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung endet am 30. Juni 2026. 

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