„Das Hessen-Modell der Grundsteuer ist gerecht, einfach und verständlich. Gerecht, weil sich Größe, Lage und Nutzung der Immobilien auf die Steuerhöhe auswirken. Einfach, weil nur wenige Angaben zu machen sind. Verständlich, weil die Berechnung kurz und der Einfluss der Angaben auf das Ergebnis klar ist. Das alles sind für Grundstückseigner wie für die Verwaltung klare Vorzüge gegenüber dem komplizierteren Bundes-Modell. Deshalb gehen wir in Hessen unseren eigenen Weg, der dadurch auch die Chance auf eine höhere Akzeptanz für diese wichtige kommunale Steuer bietet“, sagte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg heute in Wiesbaden. Er stellte den jüngst vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf der Landesregierung für die Neuregelung der Grundsteuer in Hessen vor.
Die Grundsteuer muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu geregelt werden. Die bisherigen, jahrzehntelang unveränderten Einheitswerte müssen ab 2025 durch neue Bemessungsgrundlagen ersetzt werden. Das Ende 2019 erlassene Bundes-Modell ist aus Sicht der Hessischen Landesregierung kompliziert und aufwendig. Hessen strebt deshalb – wie andere Länder auch – eine landesgesetzliche Regelung zur Grundsteuer an.
„Grundlage des Hessen-Modells ist das Flächen-Faktor-Verfahren. Die Grundsteuer ist eine Gegenleistung der Grundstücksnutzer für Infrastruktur, die eine Kommune bereitstellt. Je größer Grundstück und Haus sind, desto mehr Nutznießer kommunaler Infrastruktur haben dort Platz. Daher ist die Fläche der Ausgangspunkt der Berechnung. Hinzu kommt aber die Lage, denn auch von ihr ist es abhängig, welchen Zugang zu kommunaler Infrastruktur man hat“, erläuterte Finanzminister Boddenberg die Grundzüge des Hessen-Modells. „Einfache Lagen werden gegenüber dem reinen Flächenmodell niedriger, gute Lagen höher besteuert. Beides aber mit Augenmaß.“
Hessen möchte für die Berechnung die bereits vorhandenen Bodenrichtwertzonen nutzen. Das Modell nimmt auf die Gegebenheiten vor Ort Rücksicht. In Gemeinden mit keinen oder nur sehr geringen Unterschieden im Bodenwertniveau führt es zu gleichen Ergebnissen wie das reine Flächenmodell. Weichen jedoch Zonenwerte vom örtlichen Durchschnitt der Bodenrichtwerte in stärkerem Maße ab, führt dies auch zu Unterschieden in der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer.
„Auf ein Grundstück in einer guten Lage entfällt durch unseren Faktor stets mehr Grundsteuer als auf ein identisches in einer mäßigen Lage. Das ist gerecht“, sagte Boddenberg.
In Hessen müssen in knapp zwei Jahren rund 3 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.
„Jedes Reformmodell wird im Vergleich zur verfassungswidrigen Einheitsbewertung Gewinner und Verlierer erzeugen. Die einen werden mehr Grundsteuer zahlen als bisher, die anderen weniger, weil sie bislang nach den Einheitswerten in verfassungswidriger Weise zu wenig oder zu viel zahlen. Eine Reform ohne Belastungsänderungen im Einzelfall gibt es nicht, denn die Fortführung der Einheitswerte über 2024 hinaus ist untersagt. Das Hessen-Modell sorgt aber dafür, dass es beim Neustart der Grundsteuer gerecht zugeht“, betonte Boddenberg.
In Summe sollen die Kommunen aber nicht mehr Grundsteuer erhalten. Die Reform soll – und das ist auch die Haltung der Kommunalen Spitzenverbände – aufkommensneutral sein. Um auch zukünftig das bisherige Grundsteueraufkommen zu erhalten, werden Städte und Gemeinden ihre Hebesätze anpassen, also mancherorts heben, andernorts senken müssen. „Die Landesregierung wird die Kommunen dabei unterstützen und errechnen, welche Hebesatzveränderungen zukünftig für das gleiche Steueraufkommen sorgen können“, bot Finanzminister Boddenberg an. „Klar ist: Es wird fast überall veränderte Hebesätze geben. Noch aber ist ihre Höhe offen. Erst nach der Bearbeitung der 3 Millionen Fälle können wir sie bestimmen. Es bringt also nichts außer vermeidbarer Unruhe, mit dem heutigen Hebesatz bereits jetzt ausrechnen zu wollen, welche Auswirkungen die Reform für ein konkretes Grundstück haben wird. Hier müssen wir alle zusammen noch Geduld aufbringen und die Finanzämter zunächst arbeiten lassen.“
Die Abgabe der Steuererklärungen für die neue Grundsteuer durch die Eigentümer soll ab Juli 2022 möglich sein. Hierzu wird rechtzeitig vorher aufgefordert. Die Finanzämter sind für die anfallenden Arbeiten personell und organisatorisch gut aufgestellt. Das einfache Recht und eine gute IT-Struktur ermöglichen eine verwaltungsökonomische und bürokratiearme Lösung. „Wir nutzen die Reform der Grundsteuer, um unsere Steuerverwaltung noch effektiver aufzustellen. Nicht nur das: Wir stärken auch ländlichere Gegenden in Hessen, denn die künftig 7 statt bisher 29 Bewertungsstellen für die Grundsteuer werden in Ämtern jenseits der Ballungszentren angesiedelt. So bringen wir einmal mehr Arbeit zu den Menschen und in die Heimat und verlagern rund 200 Arbeitsplätze dorthin“, sagte Finanzminister Michael Boddenberg.
Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf wird nun Verbänden und Experten zur schriftlichen Anhörung zur Verfügung gestellt. Dabei gewonnene Erkenntnisse fließen in die erneute Kabinettbefassung nach der Sommerpause ein. Anschließend startet das Gesetzgebungsverfahren im Landtag. Ziel ist dessen Abschluss noch in diesem Jahr.