Zu sehen ist ein Hallenschwimmbad.

Hessisches Ministerium der Finanzen

Hessen mahnt bei Umsatzsteuerbefreiung im Sport zur Vorsicht

Hessen setzt sich heute im Finanzausschuss des Bundesrats gegen eine vom Bund geplante Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für den Sportbereich ein. Denn mit ihr könnte das Gegenteil dessen bewirkt werden, was eigentlich bezweckt war. Die bereits ab 2025 geplante Neuregelung könnte erhebliche finanzielle Nachteile für Kommunen als Betreiber von Sportanlagen mit sich bringen – und somit am Ende auch für die Menschen und Vereine als Nutzer der Sportstätten. Finanzminister Lorz mahnt deshalb zu einer gründlichen Analyse vor einer Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung im Sportbereich.

Zitate Finanzminister Professor Dr. R. Alexander Lorz

„Auch wenn im Sport Schnelligkeit zählt: Einen Schnellschuss bei der Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung sollten wir ihm nicht antun!“

„Auf den ersten Blick schaut die geplante Erweiterung der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung für den Sportbereich nach einer guten Idee aus. Der Teufel steckt aber im Detail: Eine Kommune als Betreiber einer Sportanlage müsste zwar keine Umsatzsteuer mehr auf Eintrittsgelder oder die Hallenmiete erheben. Aber gleichzeitig kann sie sich auch die auf Investitionen gezahlte Umsatzsteuer, die so genannte Vorsteuer, nicht mehr vom Finanzamt erstatten lassen. Gerade bei sehr teuren Projekten wie der Errichtung, Instandsetzung oder Erneuerung von Turnhallen oder Schwimmbädern könnte die Neuregelung deshalb zu erheblichen Finanzierungslücken führen.“

„Es besteht die Gefahr, dass in vielen Fällen bevorstehende und dringend notwendige Investitionen in die kommunale Sport-Infrastruktur ins Stocken geraten oder nicht mehr durchgeführt werden. Auch für bereits getätigte Investitionen droht durch die geplante Rechtsänderung, dass Vorsteuern anteilig zurückgezahlt werden müssen. Aus diesem Grund appelliere ich an den Bund, von der geplanten Neuregelung vor weiteren Beratungen mit den Ländern abzusehen. Hier braucht es zunächst eine gründliche Analyse.“

„Neben den drohenden finanziellen Konsequenzen löst die Neuregelung eine erhebliche Rechtsunsicherheit aus.  Es ist bislang nämlich völlig unklar, welche Betreiber von Sportanlagen und wenn ja unter welchen Bedingungen von der geplanten Steuerbefreiung betroffen wären. Gründlichkeit muss deshalb schon in ihrem Interesse vor Schnelligkeit gehen. Dies gilt umso mehr, als dass Deutschland durch das Europarecht nicht gezwungen wird, die geplante Reform durchzuführen. Dieses Ermessen sollten wir im Interesse des Sports zielgerecht ausüben.“

Fragen und Antworten:

Wie weit soll die Steuerbefreiung im Bereich von Sport und Körperertüchtigung zukünftig im Umsatzsteuerrecht reichen? Darum geht es im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024. Von der geplanten Steuerbefreiung sind vor allem Fallgestaltungen rund um Schwimmbäder, Turnhallen und andere Sportanlagen betroffen. Im Regierungsentwurf zu Paragraph 4 Nummer 22 Buchstabe c des Umsatzsteuergesetzes, der die bisher geltende Regelung ablösen soll, heißt es dazu, dass die Steuerbefreiung auf alle „in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigungen ausüben“ ausgedehnt werden soll. Mit der vorgesehenen Neuregelung sollen die Spielräume der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Sinne einer weitestgehenden Steuerbefreiung ausgenutzt und Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesfinanzhofs umgesetzt werden. 

Vor allem für juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie beispielsweise Kommunen oder Zweckverbände, aber auch für viele Vereine, ist die geplante Umsatzsteuerbefreiung in der Praxis problematisch: Zum einen ist sie insbesondere bezüglich des Begriffs der „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ und deren eindeutiger Abgrenzung zu kommerziellen Sporteinrichtungen mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Darüber hinaus ist für Kommunen, Zweckverbände und auch zahlreiche Vereine die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs von immenser Bedeutung, übersteigen ihre Aufwendungen für Investitionen, den Betrieb sowie für Sanierungsarbeiten in der Praxis regelmäßig ihre Einnahmen. Für sie würde diese Möglichkeit systembedingt durch eine Umsatzsteuerbefreiung zukünftig wegfallen. Dies würde neben zukünftigen Investitionen auch bereits durchgeführte, langfristig kalkulierte Investitionen in Sportstätten betreffen, denn die Ausweitung der Steuerbefreiung würde zu einer nachträglichen Berichtigung der Vorsteuerabzüge führen. Dies könnte zu erheblichen Nachzahlungen innerhalb des Berichtigungszeitraums von bis zu zehn Jahren führen

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